1Der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) unterliegen
- der Erwerb von Todes wegen,
- die Schenkungen unter Lebenden,
- die Zweckzuwendungen,
- das Vermögen einer Stiftung, sofern sie wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet ist, und eines Vereins, dessen Zweck wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, in Zeitabständen von je 30 Jahren seit dem in § 9 Abs. 1 Nr. 4 bestimmten Zeitpunkt.
2Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften dieses Gesetzes über die Erwerbe von Todes wegen auch für Schenkungen und Zweckzuwendungen, die Vorschriften über Schenkungen auch für Zweckzuwendungen unter Lebenden.
Richtlinie
Anwendung der Vorschriften über Erwerbe von Todes wegen auf Schenkungen
aufklappen Zuklappen1Die Vorschriften über Erwerbe von Todes wegen gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch für Schenkungen unter Lebenden (§ 1 Absatz 2 ErbStG). 2Bei der Besteuerung von Schenkungen unter Lebenden gelten alle Bestimmungen des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes, sofern sie nicht Sachverhalte betreffen, die allein bei Erwerben von Todes wegen vorkommen. 3Nicht auf Schenkungen anzuwenden sind insbesondere die Vorschriften
- zum Abzug der Nachlassverbindlichkeiten (> § 10 Absatz 1 Satz 2 ErbStG),
- zum Pauschbetrag für Erbfallkosten (> § 10 Absatz 5 Nummer 3 Satz 2 ErbStG),
- zum Erwerb eines Familienheims von Todes wegen (> § 13 Absatz 1 Nummer 4b und 4c ErbStG),
- zum Rückfall von Vermögensgegenständen an die Eltern (> § 13 Absatz 1 Nummer 10 ErbStG),
- zur Investitionsklausel (> § 13b Absatz 5 ErbStG),
- zur Steuerklasse der Eltern bei Erwerben von Todes wegen (> § 15 Absatz 1 ErbStG Steuerklasse I Nummer 4) oder zu Erwerben aufgrund gemeinschaftlicher Testamente von Ehegatten (> § 15 Absatz 3 ErbStG),
- zum besonderen Versorgungsfreibetrag für den überlebenden Ehegatten oder die Kinder des Erblassers (> § 17 ErbStG). 2Der Versorgungsfreibetrag nach § 17 ErbStG kann ausnahmsweise bei einem nach § 7 Absatz 1 Nummer 5 ErbStG steuerbaren Erwerb gewährt werden, wenn ein Ehegatte als Abfindung für seinen Erbverzicht und aufschiebend bedingt bis zum Tod des anderen Ehegatten ein Leibrentenstammrecht erwirbt,
- zur Haftung von Kreditinstituten (> § 20 Absatz 6 Satz 2 ErbStG),
- zur Steuerermäßigung bei mehrfachem Erwerb desselben Vermögens (> § 27 ErbStG) und
- zur Stundung der auf das begünstigte Vermögen i. S. d. § 13b Absatz 2 ErbStG entfallenden Steuer (> § 28 Absatz 1 ErbStG).
Hinweise
aufklappen ZuklappenAnwendbarkeit der Vorschriften über Erwerbe von Todes wegen auf Schenkungen
> BFH vom 8.10.2003 II R 46/01, BStBl 2004 II S. 234
Eingetragene Lebenspartnerschaften
Auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes sind nach §§ 1 und 21 LPartG die Regelungen zu Ehegatten und Ehen entsprechend anzuwenden.
Mehrfacher Erwerb desselben Vermögens
> BFH vom 2.9.1987 II B 103/87, BStBl 1987 II S. 785 und vom 16.7.1997 II B 99/96, BStBl II S. 625
Rückfall von Vermögensgegenständen an die Eltern
> BFH vom 16.4.1986 II R 135/83, BStBl II S. 622
Richtlinie
Familienstiftungen und Familienvereine
aufklappen Zuklappen11Vermögen einer inländischen Familienstiftung (§ 1 Absatz 1 Nummer 4, § 2 Absatz 1 Nummer 2 ErbStG) unterliegt in Zeitabständen von je 30 Jahren der Ersatzerbschaftsteuer. 2Die Steuerpflicht setzt voraus, dass die Stiftung an dem für sie maßgebenden Besteuerungszeitpunkt (> § 9 Absatz 1 Nummer 4 ErbStG) die Voraussetzungen für eine Familienstiftung erfüllt. 3Die Steuerpflicht entfällt hiernach, wenn eine Familienstiftung vor diesem Zeitpunkt aufgelöst oder durch Satzungsänderung in eine andere Stiftung (z.B. Unternehmensstiftung) umgewandelt wird. 4Die Anzeigepflicht nach § 30 ErbStG und die Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung nach § 31 ErbStG besteht auch in Fällen der Steuerpflicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 ErbStG.
21Eine Familienstiftung im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 4 ErbStG ist stets gegeben, wenn nach ihrer Satzung der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge zu mehr als der Hälfte bezugs- oder anfallsberechtigt (Destinatäre) sind (§ 15 Absatz 2 AStG). 2Eine Familienstiftung im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 4 ErbStG ist auch dann gegeben, wenn die genannten Destinatäre zu mehr als einem Viertel bezugs- oder anfallsberechtigt sind und zusätzliche Merkmale ein „wesentliches Familieninteresse“ belegen. 3Dies kann insbesondere dann gegeben sein, wenn die Familie wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung der Stiftung hat. 4Bereits die Bezugsberechtigung der in den Satzungen bezeichneten Familienangehörigen prägt das Wesen als Familienstiftung, auch wenn Ausschüttungen bisher nicht vorgenommen worden sind. 5In welchem Umfang die Stiftung ihre Erträge thesauriert, ist für die Bezugsberechtigung der Destinatäre ohne Bedeutung.
31Unter den wesentlichen Familieninteressen sind Vermögensinteressen im weitesten Sinne zu verstehen. 2Dazu gehören nicht nur Bezugs- und Anfallsrechte, sondern alle Vermögensvorteile, die die begünstigten Familien und ihre Mitglieder aus dem Stiftungsvermögen ziehen. 3Die Stiftung dient diesen Vermögensinteressen dann wesentlich, wenn nach der Satzung oder dem Stiftungsgeschäft deren Wesen darin besteht, es den Familien zu ermöglichen, das Stiftungsvermögen, soweit es einer Nutzung zu privaten Zwecken zugänglich ist, zu nutzen oder die Stiftungserträge an sich zu ziehen. 4Darunter fallen insbesondere auch die unentgeltliche oder verbilligte Nutzung des Stiftungsvermögens, wie
- die Nutzung der stiftungseigenen Immobilien zu Wohnzwecken,
- der Einsatz des Personals der Stiftung für Arbeiten im Rahmen des eigenen Hausstandes oder
- bei einer Stiftung mit Kunstbesitz der Vorteil, von diesem Kunstbesitz umgeben zu sein.
5Derartige Nutzungs- und Zugriffsmöglichkeiten können sich allein aus der Natur des Stiftungszwecks oder aber in Verbindung mit dem Einfluss der Familien auf die Geschäftsführung ergeben. 6Inwieweit davon tatsächlich Gebrauch gemacht wird, ist nicht entscheidend.
41Die Änderung des Stiftungscharakters einer Familienstiftung durch Satzungsänderung, gleichgültig, ob sie zu Lebzeiten oder erst nach dem Tode des Stifters erfolgt, gilt erbschaftsteuerrechtlich als Errichtung einer neuen Familienstiftung (§ 7 Absatz 1 Nummer 8 ErbStG). 2Dies gilt entsprechend, wenn durch die Satzungsänderung lediglich bisher nicht bezugs- oder anfallsberechtigte Familienmitglieder oder Dritte in den Kreis der Destinatäre aufgenommen werden und die Errichtung der Stiftung bei bereits damaliger Zugehörigkeit der neu aufgenommenen Destinatäre seinerzeit nach einer ungünstigeren Steuerklasse zu besteuern gewesen wäre. 3Die durch Satzungsänderung entstandene „neue“ Stiftung gilt als Erwerber des Vermögens der „bisherigen“ Stiftung (§ 7 Absatz 1 Nummer 8 ErbStG). 4Sie ist nach dem Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem ursprünglichen Stifter (Erblasser oder Schenker) zu besteuern (§ 15 Absatz 2 Satz 1 ErbStG). 5Die Aufhebung der bisherigen Stiftung wird dagegen im Aufhebungszeitpunkt nicht gesondert besteuert. 6Die bei der Errichtung der bisherigen Stiftung festgesetzte Steuer und die bereits entrichtete Ersatzerbschaftsteuer erlischt nicht. 7Die Behandlung der Satzungsänderung als Errichtung einer neuen Stiftung führt dazu, dass die 30 Jahresfrist für die Entstehung der Ersatzerbschaftsteuer (§ 1 Absatz 1 Nummer 4 in Verbindung mit § 9 Absatz 1 Nummer 4 ErbStG) bei der bisherigen Stiftung endet und bei der neuen Stiftung neu zu laufen beginnt. 8Eine Anrechnung der bei Errichtung der bisherigen Stiftung festgesetzten Steuer auf die im Zeitpunkt der Satzungsänderung festzusetzende Erbschaftsteuer kommt nicht in Betracht.
5Wird die Familienstiftung durch Satzungsänderung in eine gemeinnützige Stiftung umgewandelt, ist deren Erwerb nach § 13 Absatz 1 Nummer 16 Buchstabe b ErbStG steuerfrei.
6Die Ausführungen in Absatz 2 bis 4 zu Stiftungen gelten für Vereine, deren Zweck wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist (Familienverein, § 1 Absatz 1 Nummer 4 ErbStG), entsprechend.
Hinweise
aufklappen ZuklappenKeine Ersatzerbschaftsteuer bei einer nichtsrechtsfähigen Stiftung
> BFH vom 25.01.2017 II R 26/16, BStBl 2018 II S. 199
Wesentliches Familieninteresse
> BFH vom 10.12.1997 II R 25/94, BStBl 1998 II S. 114
Zustiftung an eine Familienstiftung
> BFH vom 9.12.2009 II R 22/08, BStBl 2010 II S. 363
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